Der vorliegende Text ist das Grundverständnis der RAD. Er bildet die Basis auf welcher wir uns zusammengefunden haben und neue Genossen und Genossinnen sich unserer Organisation anschließen. Viel Spaß bei der Lektüre und zögere nicht uns deine Meinung und Rückmeldung zu dem gelesenen zu geben.
Klassenkampf
Der Ausgangspunkt unserer Organisation ist der Klassenkampf. Das Verständnis der Klassengesellschaft ist hierbei der zentrale Analysepunkt, um diese Welt und ihre Strukturen zu verstehen. Nach wie vor wird der Kapitalismus dadurch ausgezeichnet, dass es zwei Klassen gibt. Die Kapitalistenklasse und die Arbeiterklasse. Die Komplexität der Klassengesellschaft hat seit der Industrialisierung deutlich zugenommen, aber die grundsätzliche Struktur bleibt dieselbe. Es gibt sehr wenige Kapitalisten, die über Eigentum verfügen und sehr viele Arbeiter, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um zu überleben oder ihr Leben einigermaßen erträglich zu gestalten. Die Entwicklung des Kapitalismus im Kontext der Globalisierung bedeutet vor allem, dass relevante Teile der Produktion in andere Länder ausgelagert wurden.
Diese Entwicklung wurde von den Kapitalisten vor allem deshalb voran getrieben, da die Lohnkosten in vom Imperialismus betroffenen Staaten noch niedriger ausfallen. Doch auch in Deutschland ist das Lohnnivau, dafür dass Deutschland eines der reichsten Länder der Erde ist, unfassbar niedrig. Die Lücke, welche die Auslagerung der Produktion hinterlassen hat, wurde dabei vor allem durch Dienstleistungen der unterschiedlichsten Art gefüllt. Die zehntausenden Arbeiter welche nun Essen ausliefern, putzen oder in Callcentern arbeiten, haben ein riesiges Prekariat geschaffen, welches besonders schwer zu organisieren ist. Nur wenn wir als Klasse unsere gemeinsamen Interessen erkennen, von dem relativ gut beschäftigten festangestelten Autobauer, über die Spagelstecherin, hin zu der Erwerbslosen, entfachen wir unsere Macht um die Unterdrückung der Kapitalisten zu brechen. Für uns sind überdies alle Teile der Lohnabhängigen und sicherlich auch der in kleinem Umfang Selbstständigen potentielle Verbündete solange sie nicht von der Arbeitskraft anderer leben.
Sozialismus
Wir sind eine strömungsübergreifende Organisation des Sozialismus. Wir sind nicht festgelegt auf eine bestimmte Spielart unserer Tradition. Wir möchten als Marxisten und Anarchisten zusammen kämpfen. Unsere Überzeugung ist es, dass es richtig ist, uns auf die gemeinsamen Grundwerte zu beziehen und unsere Kräfte zu bündeln. Gerade in einer Situation der Schwäche der revolutionären Linken kann uns dies helfen, wieder an Relevanz zu gewinnen. Wir sehen uns in einem solidarischen Verhältnis zu allen konstruktiven Kräften des Sozialismus. Wir wollen uns nicht beteiligen an sektiererischen Außeinandersetzungen mit anderen Linken und wollen einen konstruktiven Diskurs über unterschiedliche Ansätze innerhalb der Linken fördern.
Strömungsübergreifender Sozialismus heißt für unseren eigenen Aufbau nicht nur die freie Assoziation von unterschiedlichen Tendenzen der Linken in einer Organisation, die konstruktiv zusammen wirken. Es heißt auch, dass wir ein bestimmtes Verhältnis zu den Massen haben. Wir wollen immer offen und ehrlich mit unseren Absichten sein. Wir sehen uns nicht als etwas besseres an als unsere Klassengeschwister, die (noch) nicht organisiert sind. Wir sehen uns als ein Organ an, welches aus dem Herzen der Klasse entsteht und ein Werkzeug zu ihrer Befreiung sein soll – unser Verständnis von Befreiung funktioniert dabei nur auf Augenhöhe. Dieses Verständnis findet sich auch in unserem gesellschaftlichen Ziel wieder. Sozialismus heißt für uns, dass die kommende Übergangsgesellschaft eine Selbstverwaltung der Arbeiterklasse darstellt und
alle revolutionären Kräfte auch nach dem Sturz des Kapitalismus nach Kräften zusammen wirken, anstatt sich aneinander aufzureiben.
Antiimperialismus
Wir sind der Überzeugung, dass gerade in einem globalisierten Kapitalismus nur der Internationalismus zu einer weltweiten Revolution führen kann. Der Imperialismus als höchste Form der Barbarei, die dieses System hervorgebracht hat, muss entschlossen bekämpft werden. Der Sturz des globalisierten Kapitalismus kann dabei ohnehin nur mit Anstrengungen der Arbeiterklasse weltweit geschehen. Die Verbindung aus den Bemühungen von revolutionären Organisationen in vom Imperialismus betroffenen Ländern, als auch den imperialistischen Staaten ist der Schlüssel. In einer Zeit, wo antiimperialistische Befreiungsbewegungen nur noch selten sozialistisch geprägt sind, gilt es dabei besonders genau hinzuschauen. Wir sehen uns in Solidarität mit den Befreiungsbewegungen dieser Welt, aber nicht um jeden Preis. Falschen Ausprägungen einer Linken, die sich z.B. mit dem Iran als islamistische Diktatur solidarisieren, stehen wir ablehnend gegenüber. Für uns ist es zentral, dass es ein Verständnis des Imperialismus innerhalb der Linken gibt. Unser Verständnis des Imperialismus ist dabei umfassend. Wir stellen uns sowohl gegen den alten Imperialismus der USA und der EU als auch gegen die Konkurenzprojekte des Imperialismus aus China und Russland. Wir lassen uns von keiner der Seiten für ihre Interessen einspannen und sehen es als zentrale Aufgabe der revolutionären Bewegung an, den Kreislauf der Gewalt und der Propaganda aller Seiten zu durchbrechen. Wir stehen für Frieden und konsequenten Antimilitarismus – wir stehen auf der Seite der Menschen, der Unterdrückten und immer in Opposition zu den Interessen der herrschenden Klasse, die niemals die Interessen unserer Klasse wiederspiegeln können.
Feminismus
Wir sehen uns in der Tradition des materialistischen Feminismus. Die Befreiung der Frau und die Unterdrückung von queeren Menschen ist nichts, was sich mit dem fortschreitenden Klassenkampf von selbst erledigt. Es braucht eigene feministische Organisationen und Kämpfe. Nach Kräften wollen wir die Bemühungen unserer Schwestern unterstützen und teilen die gleiche Entschlossenheit im Kampf gegen das Patriarchat. Anschließen möchten wir uns ebenfalls in ihrer Analyse des Patriachats. Dabei gilt es sich auf die besonders gewaltvollen Ausdrücke des Patriarchats zu fokussieren. Ein Feminismus der sich daran erschöpft, dass bei Behörden Formulare gegendert werden oder dass mehr Frauen & Queere Menschen in Führungspositionen gelangen können, ist nicht revolutionär. Wir müssen mit aller Kraft klarstellen, dass sich durch den symbolisch geführten Kulturkampf die Realität der meisten Frauen, Mädchen und queeren Menschen nicht wesentlich verändert hat. Nach wie vor gibt es eine Welle von Gewalt gegen Frauen und queere Menschen, besonders innerhalb von Beziehungen und Familien aber auch auf der Straße oder in Clubs. Weiterhin gibt es faktische strukturelle materielle Ungleichheit – Frauen verdienen weniger und sind häufiger in prekärer Beschäftigung, müssen sich gleichzeitig um relevante Teile der Carearbeit kümmern. Herausstellen möchten wir auch die besonders dramatischen Unterdrückungsverhältnisse denen Frauen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind, der Prostitution, Menschenhandel und religiöser Unterdrückung. Bei all dem muss uns bewusst sein, dass die Männer im Kampf gegen das Patriarchat eine wichtige Rolle spielen. Gerade weil sie alltäglich vom Patriarchat profitieren und eben auch unsere Klassengenossen – gilt es zu sagen: ohne die Männer geht es nicht. Nur wenn es eine eigene Entwicklung der Männer gibt, welche nicht nur unseren Schwestern zur Seite steht, sondern ein eigenes Interesse an der Befreiung vom Patriarchat formuliert, kann es gelingen hier grundsätzliche Erfolge zu erringen.
Antifaschismus
Antifaschismus, der seinen Namen verdient, darf sich nicht in der Symptombekämpfung erschöpfen. Der Kampf gegen faschistische Strukturen, rechte Netzwerke und autoritäre Tendenzen kann nicht losgelöst von den herrschenden Klassenverhältnissen geführt werden. Faschismus ist kein Versagen des bürgerlichen Staates, sondern seine schärfste Waffe in der Krise – eine Reaktion des Kapitals zur Aufrechterhaltung der bestehenden Eigentums- und Ausbeutungsverhältnisse. Faschismus ist keine zufällige Entgleisung, sondern eine reaktionäre Krisenstrategie der herrschenden Klasse, wenn ihre Macht durch zunehmende soziale Widersprüche gefährdet ist. In kapitalistischen Gesellschaften basiert Herrschaft auf der Spaltung und Ausbeutung der Lohnabhängigen. Gerät dieses System in eine tiefe Krise – ökonomisch, politisch oder ideologisch –, dann droht es, seine Legitimation zu verlieren. Der Faschismus ist eine Möglichkeit der Bourgeoisie, ihre Kontrolle zu sichern, indem sie die demokratische Maske fallen lässt und zur offenen Diktatur übergeht.
Ein konsequenter Antifaschismus muss deshalb immer eng verknüpft sein mit dem Kampf gegen die kapitalistischen Verhältnisse. Er bedeutet nicht nur das Zurückdrängen faschistischer Straßenstrukturen, sondern zielt auf die Zerschlagung der gesellschaftlichen Grundlagen, die Faschismus hervorbringen: Eigentum an Produktionsmitteln, staatliche Repressionsapparate, nationalistische Ideologie. Es geht nicht darum, den „besseren Verfassungsschutz“ zu spielen oder an die vermeintlich demokratischen Werte des bürgerlichen Staates zu appellieren – es geht um den Aufbau einer klassenbewussten Gegenmacht, um die Organisierung unserer Klasse in den Vierteln, Betrieben und Schulen, um den Bruch mit dieser Ordnung.
Antifaschismus ist kein Subkultur-Projekt, sondern Teil des revolutionären Klassenkampfes. Wir kämpfen nicht nur gegen Nazis, sondern gegen die Verhältnisse, die sie hervorbringen. Ein revolutionärer Antifaschismus muss die ökonomische Grundlage des Faschismus benennen, also die Interessen des Kapitals, die hinter autoritären Formierungen stehen, die gesellschaftlichen Bedingungen, aus denen faschistische Bewegungen entstehen: Abstiegsängste, Prekarisierung, Konkurrenzdruck. Den Kampf dagegen dürfen wir nicht den Rechten überlassen. Sich im Kampf gegen die politische Rechte auf den bürgerlichen Staat zu verlassen, wie es heutzutage selbst viele „Linksradikale“ tun, wird den Rechtsruck nicht aufhalten – das kann nur der Aufbau eigener Gegenmacht von unten.
In Zeiten, in denen faschistische Kräfte wieder verstärkt auftreten, rechte Netzwerke in Polizei, Bundeswehr und Justiz verankert sind und der Staat selbst immer autoritärer agiert, ist antifaschistischer Selbstschutz keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Er bedeutet nicht nur die kollektive Verteidigung gegen Angriffe von rechts, sondern ist Ausdruck proletarischer Selbstermächtigung. Denn der bürgerliche Staat schützt nicht uns – er schützt das Eigentum und die bestehende Ordnung. Antifaschistischer Selbstschutz heißt, sich selbst, unsere Strukturen, unsere Genoss*innen und unsere Viertel vor rechter Gewalt und staatlicher Repression zu verteidigen. Nazis agieren nicht im luftleeren Raum, sondern bauen reale Strukturen auf – Kameradschaften, Netzwerke, Treffpunkte, Immobilien, politische Mandate. Diese Strukturen müssen lokalisiert, aufgedeckt und konsequent zerschlagen werden.
Ausrichtung unserer Praxis
Der Schwerpunkt unserer Praxis ist die Unterstützung von revolutionärer Basisarbeit, der Aufbau von linker Infrastruktur und das Einwirken auf den innerlinken Diskurs. Außerdem verstehen wir uns als linke Aktionsgruppe, wir wollen unsere Stadteile prägen und mit unseren Taten Impulse in die Gesellschaft setzen. Linke Kampagnenpolitik, strategielos geführte Abwehrkämpfe ohne eigenen revolutionären Aufbau, Kleingruppenaktivismus und das Abkoppeln in Subkulturen sind gescheitert. Nur wenn wir als revolutionäre Linke wieder eine Basis in unserer Klasse haben, können wir dazu beitragen, die Geschichte in eine freiheitliche Richtung zu lenken. Es geht für uns dabei nicht darum, arrogant auf andere Linke herab zu schauen, die sich noch stärker als wir in einer Szene– Realität befinden. Es geht darum, in konstruktiver Weise aufzuzeigen dass es anders gehen kann. Dass mehr Linke den Mut finden, sich gesellschaftlich zu orientieren, durch die Erfolge, die revolutionäre Basisarbeit eringt.
Als aktionsorientierte Struktur wollen wir neuen Schwung in eine zu entwickelnde revolutionäre Linke in Dortmund bringen. Alte eingelatschte Pfade verlassen, mutig und voller Entschlossenheit für eine revolutionäre Alternative streiten. Dies müssen wir sowohl gegen die immer stärker werdenden unterschiedlichen rechten Akteure tun als auch für unsere eigene Tradition und sozialistische Perspektive. Gleichzeitig werden wir dem Richtungsstreit innerhalb der Linken Dortmunds bewusst nicht aus dem Weg gehen, sondern aktiv unseren Anteil daran leisten, dass linke Grundwerte des Klassenkampfs und Internationalismus wieder ein zentraler Bestandteil werden.
Unser drängendster Wunsch ist es, dass linke Ideen, Werte und vor allem Ansätze der Selbstorganisation sich wieder in unserer Klasse vertiefen. Wir sehen unsere Aufgabe in einem breiteren Aufbau einer neuen radikalen Linken vor allem darin, die Bedingungen unter denen wir als Linke kämpfen, zu verbessern. Dies sowohl von unserer Infrastruktur die uns zur Verfügung steht, der Wehrhaftigkeit gegenüber der politischen Rechten, aber auch über die Vertiefung der revolutionären Werte in der Linken an sich. Gerade der linken Jugend wollen wir mit unseren Aktionen, Inhalten und kulturellen Angeboten eine neue Heimat schaffen, die es bislang in unserer Stadt nicht gab.
